Immer mehr Städte entwickeln sich zur Smart City. Als Werkzeuge dienen Big-Data-Anwendungen und -Analysen. Denn die Auswertung großer Datenströme verspricht bessere Entscheidungshilfen im städtischen Planungsprozess – sei es beim Energiemanagement, in der Mobilitätsplanung oder im Risikomanagement bei Bränden und Hochwasser-Szenarien. Eine Grundvoraussetzung ist, dass das Datenpotenzial genutzt wird. Die Forscher Prof. Dr. Volker Coors und Thunyathep Santhanavanich legen hier Lösungen vor.
Berlin tut es, Cambridge und Helsinki tun es auch. Die Rede ist vom Einsatz sogenannter 3D-City-Modelle, auf die alle drei Städte setzen. Und nicht nur die. Eine wachsende Zahl an Städten baut auf intelligente und zugleich digitale, geografische Karten, um beispielsweise einzelne Gebäude dreidimensional darzustellen und mit einer Fülle von Daten zu hinterlegen. Die Basis hierfür liefert das CityGML-Gebäudemodell. Doch diese Datengrundlage reicht mit Blick auf die smarten Stadtentwicklungen meist nicht aus. Damit Städte und Gemeinden tatsächlich smarter werden, braucht es zusätzliche Daten. Als wichtige Datenressource dienen unzählige Internet-of-Things(IoT-)Sensoren und Objekte – zu finden in Geräten und Systemen. Diese Datenquellen gilt es zu sammeln und sinnstiftend in 3D-City-Modelle zu integrieren.
Die Forschungsfrage der beiden Geoinformatiker Coors und Santhanavanich von der HFT Stuttgart lautet: Wie können sich verschiedene Sensoren oder IoT-Systeme mit den Smart-Cities-Plattformen effizient verbinden und ihre Daten austauschen? Denn die Herausforderung besteht darin, dass es unterschiedliche Systeme von Sensoren oder IoT-Systemen gibt. Nahezu jeder Geräte-Hersteller verwendet die Sensoren unterschiedlich hinsichtlich der Daten-Formate und dem -Transfer sowie beim Daten-Protokoll. „Um mit diesem Problem umzugehen, ist es wichtig, eine Standardspezifikation zu verwenden, die es ermöglicht, effizient mit den Daten umzugehen“, betont Volker Coors. Und Thunyathep Santhanavanich fügt hinzu: „Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass die Datenströme von IoT-Geräten oder Sensoren enorm wachsen.“ Diese Datenberge gilt es zu bereinigen oder aufzubereiten. Volker Coors: „Nur wenn es eine standardisierte Lösung gibt, sind die Daten von realem Wert hinsichtlich der Nutzbarkeit und der Effizienz."
Internet-of-Things(IoT-)Daten sind auch relevant für städtische Infrastrukturen und Kontrollsysteme. Ein Beispiel, wie Daten sinnvoll miteinander verknüpft werden könnten, ist ein Feuer-Detektor. Dieser ist in der Lage, die Feuerquelle über einen IoT-Sensor im Gebäude zu lokalisieren. Diese Daten könnten kombiniert werden mit Daten im CityGML-Modell – wie zum Beispiel zum Gebäudematerial und Materialen des Flurs. Hinzu kommen weitere Daten über die Anzahl der Personen im Gebäude, die wiederum von einem anderen Sensor oder einem IoT-System generiert werden. Der Effekt: Die Feuerwehr verfügt bereits kurz nach dem Alarm über Informationen, die Leben retten können.
Die beiden Wissenschaftler stoßen hier in eine Forschungslücke und haben mit dem CityThings-Konzept eine Daten-Architektur entwickelt, wie Internet-der-Dinge-Systeme oder Sensoren (IoT, Internet of Things) mit dem 3D-City-Modell verbunden werden können. Hierzu haben die Forscher den Zugang zum 3D-City-Modell von IoT-Datenströmen über eine standardisierte API-Schnittstelle verbessert und somit die Nutzbarkeit der Daten und die Effizienz erhöht. Ihr Ansatz hilft dabei, Sensoren oder IoT-Systeme mit den 3D-City-Modellen zu verbinden, die die Basis sind für die meisten Smart-City-Plattformen. Als geeignete Schnittstelle kommt insbesondere die „SensorThings API“ infrage. Denn diese wird im öffentlichen Sektor verwendet, um Geodaten auszuwerten – etwa von Kommunen oder auch in Projekten der Europäischen Kommission. Gleichfalls dient die SensorThings API als Standard, um beispielsweise Covid-19-Fall-Überwachungssysteme einzurichten.
Getestet haben die HFT-Forscher das CityThings-Konzept anhand von Daten in der Gemeinde Wüstenrot. Die Gemeinde im Landkreis Heilbronn ist mit ihren rund 7000 Einwohnern auf dem Weg eine Plus-Energie-Gemeinde zu werden. Das heißt: eine Smart Village mit unterschiedlichen und zugleich nachhaltigen Systemen. T. Santhanavanich und V. Coors integrierten auf der Smart-Village-Web-Plattform der Gemeinde Daten von Solar-Energie-Sensoren öffentlicher Gebäude in Wüstenrot sowie Daten der Agrothermieanlage und Wetterdaten. Die beiden Forscher versprechen sich durch die Integration von CityThings Einblicke in die Daten von Solarmodulen und der agro-thermischen Anlage in Wüstenrot.
Die HFT-Forscher planen für ihre künftige Arbeit, mehr App-Funktionalitäten zur weiteren Daten-Analyse zu entwickeln. Hierzu zählen Energie-Potenziale, Heizbedarfe sowie Sanierungsvorschläge, um die Energieeffizienz zu steigern. Und damit wird CityThings zum Wegbereiter für die intelligente Stadt von heute und morgen.