Auswerteverfahren zur automatisierten BIM-fähigen Objekterfassung in Tunnelbauwerken

Überblick

Tunnelinspektion und -überwachung sind für die Gewährleistung einer sicheren Mobilität in städtischen Gebieten und Verkehrsinfrastrukturen von wesentlicher Bedeutung. Das Projekt ABOUT zielt darauf ab, ein fortschrittliches kamerabasiertes System zu entwickeln, das Bildverarbeitungstechnologien und KI-Algorithmen zusammenbringt, um hochauflösende Bilder von Tunneloberflächen automatisch und effizient zu erfassen. Die Daten werden weiter verarbeitet, um 3D-Modelle von Tunneloberflächen zu generieren. Darüber hinaus wird ein hochmoderner Deep-Learning-Algorithmus zur Schadenserkennung sowie zur Objekterkennung aus Tunnelbildern eingesetzt.

Fragestellung

Das vorgeschlagene Tunnelinspektionssystem besteht aus verschiedenen Hardware- und Softwarekomponenten, die basierend auf den Projektanforderungen ausgewählt und zusammengestellt werden. Die Schlüsselfragen, die in diesem Projekt behandelt werden, lauten wie folgt:

  • Welcher Kameratyp und wie viele Kameras bedarf es für die Hochgeschwindigkeits-Bildaufnahme in Tunneln mit schlechten Beleuchtungsbedingungen?
  • Welche Art von LED Beleuchtung eignet sich, um ausreichend Licht für das Bildaufnahmesystem bereitzustellen?
  • Wie können verschiedene Messgeräte zeitsynchronisiert werden, um genaue Ergebnisse zu erhalten?
  • Was ist eine optimale Lösung, um die anfallenden großen Datenmengen aus einem langen Tunnel zu verarbeiten?

Vorgehensweise

Das vorgeschlagene System besteht in den Hauptkomponenten aus Kameras für die industrielle Bildverarbeitung, LED-Blitzleuchten sowie Steuer-/ Rechner- und Speichereinheit. Alle Subsysteme sind auf einem Kleintransporter installiert und werden über die Steuereinheit zeitsynchronisiert. Die vorgesehene Betriebsgeschwindigkeit beträgt optimalerweise 60-65 km/h, was für Fließverkehr und Hochgeschwindigkeitsüberwachung bei minimaler Bewegungsunschärfe in den endgültigen Bildern geeignet ist. Die aufgenommenen Bilder werden in einer Photogrammetrie-Software, wie z.B. Agisoft Metashape oder Pix4Dmapper, verarbeitet, um 3D-Punktwolken und Vermaschungen zu erzeugen. Darüber hinaus werden manuell zwei verschiedene Trainingsdatensätze für die Schadenserkennungs- sowie die Objekterkennungsaufgaben generiert. Die aufgenommenen Tunnelbilder werden in CNNs (z. B. Deeplab V3 +) eingespeist, welche auf Basis der erstellten Trainingsdatensätze vortrainiert werden, um verschiedene Schadensarten wie Risse, Abplatzungen, Rost sowie unterschiedliche Tunnelobjekte wie Schilder, Lichter, Kabel usw. zu erkennen.

 

Erzielte Ergebnisse

Im Rahmen des Projektes wurde ein Mess- und Auswerteverfahren zur präzisen Digitalisierung der Oberfläche eines Tunnels mit hohem Automationsgrad entwickelt. Für die angestrebte Inspektion und Überwachung der Tunneloberfläche werden Bilder und daraus generierte 3D Punktwolken analysiert, um verschiedene Arten von Verformungen und Veränderungen, insbesondere Risse, Abplatzungen, Tiefensprünge und Rostfahnen sowohl geometrisch wie auch semantisch zu erfassen. Die im Projekt konzipierte automatisierte photogrammetrische Auswertung der im Tunnel erfassten Bildverbände (Bündelorientierung zur Georeferenzierung und Erzeugung dichter Punktwolken durch Bildzuordnung) liefert die anvisierte relative Koordinatengenauigkeit bezüglich Lage- und Tiefe von ca. 1 mm. Lediglich Bereiche der Tunneloberflächen, die völlig texturlos waren, bleiben in den bildbasierten Verfahren unberücksichtigt. Die automatische Objekterfassung erkennt zuverlässig über Deep-Learning-Methoden nicht nur Risse, Abplatzungen, etc. zur Schadensdokumentation, sondern auch alle Ausstattungsfeatures, insbesondere Schilder, Markierungen, Fahrstreifensignale, Beleuchtungseinrichtungen, Hydranten, Lautsprecher, etc. mit hoher Qualität. Es wird eine Erkennungsrate von knapp 80% erreicht. Da bei Deep Learning Ansätzen mit zunehmenden Trainingsdaten die Erkennungsrate in der Regel steigt, kann mit jedem zusätzlich bearbeiteten Tunnel auch der Umfang der Trainingsdatensätze erweitert werden, so dass zukünftig ein Erkennungsniveau von größer 90% erreicht werden sollte. Die konzipierte Erfassungsgeschwindigkeit von bis zu 65 km/h ist in den Systemkomponenten (Belichtungszeit der Kameras, Pulsbreite des LED-Blitzes, Datenrate von Schnittstellen und Datenspeicher, etc.) vollumfänglich berücksichtigt. Aufgrund Corona-bedingter Einschränkungen konnten während der Projektlaufzeit nicht alle Untersuchungen im angestrebten Umfang durchgeführt werden. Ein experimenteller Nachweis der generellen Funktionstüchtigkeit des Gesamtsystems zur Tunnelbestandsaufnahme konnte anhand umfangreicher Tests sowie der durchgeführten Tunnelexperimente jedoch grundsätzlich erbracht werden. Perspektivisch sollen zudem die Hauptergebnisse (3D-Modelle, Schadenskarten und Objektklassifizierungskarten von Tunneloberflächen) in ein BIM-System (Building Information Modeling) integriert werden können.

LeitungProf. Dr. Gerrit Austen, Prof. Dr. Michael Hahn (Stellvertreter)
PartnerViscan Solutions GmbH
Projekt E-MailadresseGerrit.Austen(at)hft-stuttgart.de
FördergeberBundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi)
AusschreibungZentrales Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) - Kooperationsprojekt
Laufzeit06.05.2019 – 30.04.2021 verlängert bis 31.07.2021

Team

Name & Position E-Mail & Telefon Büro
Professor, Studiendekan Master Vermessung+49 711 8926 2348 2/149
Lehrbeauftragte