Neue Entwicklungsmöglichkeiten für die Informationslogistik

07.08.2020, von Prof. Dr. Detlev Pape

Wie kann man im Rahmen der Corona-Einschränkungen online mit mechanischen Komponenten interagieren und Geräte bedienen? Und wie kann ich eine Vorlesung online durchführen, wenn im Team komplexe Hardwareaufbauten zu erstellen sind? Ein Beispiel aus der Praxis und warum die HFT Stuttgart unter anderem mit dem Studycheck Siegel "Covid 19- digital studieren, wir sind dabei" ausgezeichnet wurde.

Eine einzelne Hand liegt auf dem Tisch, reckt die Finger drohend in die Höhe und greift nach allem, was sie erreichen kann. Der Auftakt zu einem Gruselfilm? Luke Skywalkers Hand abgetrennt durch ein Lichtschwert? Nein, denn die grünen Kunststoffteile und herausragenden Drähte lassen erahnen, dass es sich mehr um einen technischen Versuchsaufbau als um ein Horror-Szenario handelt. Die Leitungen enden in einem mit Sensoren bestückten Handschuh, den ein Student trägt und durch seine Bewegungen die künstliche Hand steuert. Sein Team und er versuchen, die durch COVID-19 erzwungene Kontaktbeschränkung dadurch zu überwinden, dass Bewegungen und handgreifliche Aktionen auch aus der Ferne möglich werden.

Auch andere Teams des Kurses Aktoren haben sich von der derzeitigen Krise inspirieren lassen und kreative Lösungen entwickelt. Gebäudezugangssysteme mit integrierter Erkennung erkrankter Personen schützen vor weiterer Ansteckung und kontaktlose Desinfektionsspender sorgen für Hygiene. Aber auch andere Themen wurden angegangen, wie das Erkennen verschiedener Flaschen und Kisten mittels Farbsensoren, um ein sortenreines Recycling zu ermöglichen. Insgesamt sind neun ganz unterschiedliche Projektergebnisse erzielt worden, die experimentierfreudig und immer digital vernetzt umgesetzt wurden.

Durchgeführt wurden diese Projekte von Studierenden der Informationslogistik im Rahmen des Moduls Aktoren. Hier konnten die Studierende ihre im Rahmen des Studiums erworbenen Kenntnisse anwenden und in die Praxis umsetzen. Neben den grundlegenden Programmier-  und Informatik-Kenntnissen ist hier vor allem auch das Verständnis für die verschiedenen Prozesse und Anwendungen in der Industrie sehr hilfreich, welches sie zuvor in den Vorlesungen und Übungen erarbeitet haben. Ein Wissen, welches heute sehr gefragt ist in der Industrie und dessen Bedarf von Hochschulen kaum gedeckt werden kann. Neben den klassischen Studienrichtungen Informatik, Elektrotechnik, Logistik wird immer stärker auch das interdisziplinäre Verständnis der Zusammenhänge und Prozesse benötigt – und gerade dies ist es, was die Informationslogistik von Anfang an vermittelt.

Diese sehr frühen, praxisnahen Erfahrungen sind es auch, die die Studierenden motivieren. An den Projektergebnissen sieht man gleich die Begeisterung, mit der die Studierenden ihr Wissen in eigenen, selbstgewählten Projekten umgesetzt haben. Selbst Corona konnte dies nicht stoppen, auch wenn das Verteilen der benötigten Materialien und Übungskits und die Zusammenarbeit in Online-Teams ohne sich persönlich treffen zu können doch eine hohe zusätzliche Herausforderung war. Allein über 1800 Einzelteile galt es für die Übungen und Projekte zusammenzustellen und im Kurs zu verteilen. Aber die Studierenden und Lehrenden haben diese Herausforderung angenommen und so konnten am Ende dieser erfolgreichen Projekte hervorragende Ergebnisse präsentiert werden. Und nebenbei wurden die Studierenden dabei zum Online-Profi, auch wenn doch der große Wunsch bestehen bleibt: Hoffentlich können wir im nächsten Semester wieder direkt zusammenarbeiten!