Die Wärmewende stellt als zentraler Baustein der Energiewende Kommunen, Energieversorger und die Finanzwirtschaft vor enorme Herausforderungen. Ein neues Positionspapier der Finanzplatzinitiative Stuttgart Financial in Kooperation mit der Hochschule für Technik Stuttgart und EY zeigt auf, wie durch innovative Finanzierungsansätze und eine stärkere Einbindung des Kapitalmarkts die Transformation der Wärmeinfrastruktur gelingen kann.

Die Gewinnung von Investoren über die Finanzmärkte ist hochrelevant, gestaltet sich doch die Finanzlage der Kommunen so gravierend wie noch nie seit Bestehen der Bundesrepublik. Eine Trendwende ist nicht absehbar.

Erschließung des Kapitalmarkts mit innovativen Ansätzen -Finanzierungsplattform für Baden-Württemberg
Im Fokus steht dabei die Frage, wie der notwendige Ausbau von Nah- und Fernwärmenetzen, insbesondere in Ballungsräumen, finanziert werden kann. Gezielte Blended-Finance-Ansätze und eine stärkere Einbindung des Kapitalmarkts können dazu beitragen, den bis 2045 nötigen Kapitalbedarf von rund 40 Mrd. € an Investitionen für Nah- und Fernwärmenetze in Baden-Württemberg zu decken. Gelingen kann dies mit Hilfe folgender Ansätze und Maßnahmen:

 

  • Blended Finance: Die knappen öffentlichen Mittel sollten v.a. für die Bereitstellung von Garantien und Bürgschaften genutzt werden. Durch das damit verbundene De-Risking lässt sich privates Kapital in nachhaltige Infrastrukturen lenken.

  • Landesweite Finanzierungsplattform: Eine zentrale Plattform erleichtert durch standardisierte Prozesse Kommunen und Stadtwerken den Zugang zu Investoren weltweit.

  • Ausbau von Wärmegenossenschaften: Bürgerinnen und Bürger sind nicht nur Kunden, sondern auch Eigentümer. Dadurch lässt sich nicht nur die Akzeptanz für Wärmenetze steigern, sondern auch „Bürgerkapital“ mobilisieren.

  • Regulatorik vereinfachen: Bund und Land sollten mit der EU die regulatorischen Rahmenbedingungen für den Energiesektor einerseits und den Finanzsektor andererseits harmonisieren und Genehmigungsprozesse verschlanken, um Projekte zu beschleunigen.

  • Daten und Digitalisierung: Einheitliche, zugängliche und Regulatorik-konforme Datensätze ermöglichen Investoren eine schnelle Analyse von Rendite, Risiko und Nachhaltigkeit als entscheidungsrelevanten Dimensionen.

  • Priorisierte Förderung: Für eine beschleunigte Dekarbonisierung des Gebäudesektors sollten Wärmenetze innerhalb der Förderlandschaft priorisiert werden.

Prof. Dr. Tobias Popovic, HFT Stuttgart

„Angesichts des dynamisch voranschreitenden Klimawandels, der immensen benötigten Investitionsvolumina für den Ausbau der Wärmenetzte und der hohen öffentlichen Verschuldung sollten möglichst viele Alternativen zur Mobilisierung privaten Kapitals genutzt werden. Insbesondere Blended Finance-Ansätze weisen hier ein großes Potenzial auf.“

Dr. Philipp Veit von Stuttgart Financial sagt dazu: „Der Klimaschutz entscheidet sich in den Kommunen. Bei frühzeitiger Einbindung und erfolgreicher Incentivierung von privaten und institutionellen Investoren in Wärmeprojekte, könnte die nötige Infrastruktur schneller und kosteneffizienter ausgebaut werden.“

Dr. Max Weber von EY erläutert: „Die Wärmewende kann nur im Dialog und gemeinsamen Verständnis zwischen den (kommunalen) Versorgern, der Finanzindustrie sowie anderen Kapitalgebern, Regulatoren, Grundstückseigentümern und den Bürger*innen erfolgen. Hierzu soll das Positionspapier einen Beitrag leisten.“

Positionspapier auf Basis eines EU-geförderten Forschungsprojekts
Die Analyse entstand in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung EY sowie dem Input von Expertinnen und Experten beim 2. Sustainable Finance Roundtable Stuttgart. Sie basiert auf Ergebnissen des EU-geförderten Vorhabens REWARDHeat, das im Rahmen der Fördervereinbarung Nr. 857811 aus dem Forschungs- und Innovationsprogramm „Horizon 2020“ der Europäischen Union finanziert wurde.

Veröffentlichungsdatum: 20. August 2025
Von Michaela Leipersberger-Linder (michaela.leipersberger-linder@hft-stuttgart.de)