Am 28. und 29.07. fand die Abschlusstagung des vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) und vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (MWK) geförderten Projekts „KNIGHT – Künstliche Intelligenz für die Lehre an der HFT Stuttgart“ statt. Das zweitägige Format präsentierte zentrale Projektergebnisse und beleuchtete Potenziale, Herausforderungen und Praxiserfahrungen im Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) in der akademischen Bildung.

Unter dem Leitthema „Künstliche Intelligenz in der Hochschullehre“ widmete sich die zweitägige Abschlusstagung praxisnah der Frage, welchen Beitrag KI zur Unterstützung von Lehraktivitäten sowie zur Unterstützung und Bewertung von Lernprozessen leisten kann. 

Tag 1: Keynotes, Projektvorstellungen und Impulse aus der Praxis

Eröffnet wurde die Veranstaltung mit Grußworten. Monika Renninger, Pfarrerin und Leiterin des Evangelischen Bildungszentrums Hospitalhof Stuttgart, begrüßte die Teilnehmenden und betonte die Frage nach der Verantwortung für KI-generierte Inhalte. Ihrer Ansicht nach sei es besonders wichtig, bei der Nutzung von KI kritische Fragen zu stellen. Prof. Dr. Katja Rade, Rektorin der Hochschule für Technik Stuttgart, hob in ihrem Grußwort die globale Dimension der KI-Entwicklung hervor. Hochschulen hätten die Aufgabe, Studierende auf eine Welt voller komplexer Herausforderungen vorzubereiten. Dazu brauche es interdisziplinäre Zusammenarbeit, vernetztes Denken und die Fähigkeit zur kritischen Reflexion. Projekte wie KNIGHT ermöglichen die Erprobung neuer Lehrformate und tragen zur nachhaltigen Verankerung KI-gestützter Lehraktivitäten an Hochschulen bei, um Lehre jeden Tag zu verbessern.

Prof. Dr. Judith Simon, Professorin für Ethik in der Informationstechnologie an der Universität Hamburg und stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, wurde für die erste Keynote mit dem Titel „Lehren und Lernen mit KI? Ethische und Erkenntnistheoretische Aspekte“ per Video zugeschaltet. Seit 2018 ist sie Mitglied im Deutschen Ethikrat und beschäftigt sich mit der Verschränkung ethischer, erkenntnistheoretischer und politischer Fragen im Kontext von Künstlicher Intelligenz und Digitalisierung im Allgemeinen. 

In ihrer Keynote setzte sie sich kritisch mit den ethischen und erkenntnistheoretischen Herausforderungen auseinander, die durch den Einsatz generativer KI in der Hochschullehre entstehen, und ging dabei auf die zehn Querschnittsthemen und Empfehlungen des Deutschen Ethikrates der Stellungnahme "Mensch und Maschine – Herausforderungen durch Künstliche Intelligenz" ein. Anhand von Beispielen aus der Hochschulpraxis wurde deutlich, wie vielschichtig die ethischen Fragestellungen im Kontext von KI in der Lehre sein können und dass Bildung als Persönlichkeitsbildung verstanden werden muss.

Darauf folgte die Keynote „(Künstliche) Intelligenz und die große Transformation“ von Prof. Dr. Jörg Kopecz, Professor für Unternehmensführung und digitales Transformationsmanagement an der FOM Hochschule für Ökonomie und Management in Bonn, geschäftsführender Gesellschafter des iTM – Institut für Transformationsmanagement und Vorstandsmitglied des Arbeitskreises Evangelischer Unternehmer AEU e.V. 

In seinem Vortrag stellte er die Frage, ob es gelingen kann, Bildung und Gesellschaft so weiterzuentwickeln, dass sie mit – oder trotz – KI zukunftsfähig bleiben können. Anhand einer SWOT-Analyse skizzierte er die Rolle Europas im Kontext von ‚KI und Transformation‘. Herr Kopecz plädierte für einen „fail fast“-Ansatz, mehr Mut zur Veränderung, für agile Prozesse und für eine stärkere Integration interdisziplinärer Zusammenarbeit. Sein Fazit: Der „Zug“ sei noch nicht abgefahren. Seiner Ansicht nach bleiben Kompetenz und Mindset die Schlüssel, nachfolgende Generationen müssen auf KI-Technologien vorbereitet und weiterhin grundlegend ausgebildet werden, um so die nötigen Kompetenzen zu bewahren und auszubauen.

KNIGHT-Arbeitspakete im Detail und weitere Impulsvorträge

Am Nachmittag standen die Ergebnisse der einzelnen Arbeitspakete des KNIGHT-Projekts im Mittelpunkt. Diese wurden von den projektverantwortlichen Professor:innen Dr. Dieter Uckelmann, Dr. Ulrike Pado, Dr. Peter Heusch und Dr. Tobias Popovic vorgestellt. Die Beiträge zeigten die Vielfalt der entwickelten Ansätze – von technischer Infrastruktur über didaktische Konzepte bis hin zu ethischen Leitlinien. 

Arbeitspaket 1 widmete sich der Konzeption einer Kompetenzmatrix, die das Fundament für strukturiertes Lehren und Lernen im Kontext Künstlicher Intelligenz (KI) bildet. Die Matrix differenziert zwischen Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz. Im Fokus von Arbeitspaket 2 stand die Entwicklung einer ethischen Grundkonzeption. Im Rahmen eines hochschulweiten Partizipationsprozesses entstand dabei unter anderem die KI-Ethikleitlinie der HFT Stuttgart. Arbeitspaket 3 befasste sich mit dem Aufbau einer technischen Learning-Analytics- und KI-Infrastruktur. Vorgestellt wurde unter anderem die Architektur des „Study Dean Copilot“, eines intelligenten Frühwarn- und Handlungssystems für Studiengangsleitungen. Die angeschaffte Infrastruktur sowie deren Einsatz in verschiedenen Projekten wurden im Rahmen der Abschlusstagung präsentiert. In Arbeitspaket 4 zur Gestaltung adaptiver Testformate wurde das Moodle-Plugin MOUSE vorgestellt, das eine adaptive Auswahl von Übungsaufgaben ermöglicht. Erste Tests zeigten, dass Studierende gezielter und effizienter lernen, wenn sie unmittelbares Feedback erhalten und an individuellen Schwächen arbeiten können. Arbeitspaket 5 widmete sich der fachspezifischen Umsetzung im Bereich Programmierung. Vorgestellt wurde das Tool AVERT (Authorship Verification and Evaluation through Responsive Testing), das Plagiatserkennung mit interaktivem Feedback kombiniert. Durch sokratische Fragetechniken wird dabei die Urheberschaft von Programmieraufgaben überprüft – mit dem Fokus auf dem Verständnis der Studierenden. Ergänzt wurde dies durch die Vorstellung der Weiterbildungsangebote in Arbeitspaket 6 zur Förderung von KI-Kompetenzen bei Lernenden und Lehrenden. Die Angebote sind in vier Themenclustern (technisch, juristisch, ethisch, gesellschaftlich) gebündelt, wurden allen Studierenden und Mitarbeitenden zugänglich gemacht und stoßen seit 2022 auf große Nachfrage. Die HFT Stuttgart versteht sich dabei als gesellschaftlicher Akteur, der Studierende nicht nur fachlich qualifiziert, sondern auch zur kritischen Reflexion befähigt. Arbeitspaket 7 befasste sich mit der Evaluation und nachhaltigen Verankerung der Projektergebnisse. Dazu zählten unter anderem die Evaluation des KI-Zertifikats sowie diverse Maßnahmen im Rahmen der curricularen Verankerung. Im Rahmen von Arbeitspaket 8 wurde der Einsatz von Large Language Models (LLM) in Schreibseminaren und Programmierübungen untersucht. Dabei wurde unter anderem analysiert, wie Studierende eigene und KI-generierte Abstracts verfassen und vergleichen – mit dem Ziel, Schreibkompetenz zu fördern, nicht zu ersetzen.

Nach einer Kaffeepause folgten Vorträge von HFT-Professoren zu weiteren KI-relevanten Themen in der Lehre. Prof. Dr. Sebastian Speiser zeigte in seinem Vortrag „AI-Assisted Grading of Student Answers", wie KI bei der Bewertung von Freitextantworten unterstützen kann. Durch gezielte Prompt-Anpassungen konnten Bewertungskriterien differenziert angewendet werden – etwa durch Teilpunkte bei teilweise korrekten Antworten. Die Frage, welche Aufgabenformate sich besonders gut für KI-gestützte Bewertung eignen, bleibt dabei ein zentrales Forschungsthema. Prof. Dr. Anselm Knebusch berichtete aus der Ingenieurmathematik über den Einsatz von GPTs zur Individualisierung der Lehre. In einer stark strukturierten Lernumgebung mit wöchentlichen E-Assessments zeigte sich, dass Studierende im Semesterverlauf mehr lernen – auch wenn die langfristige Nachhaltigkeit noch untersucht wird. Ziel ist es, ein Tutorboard zu entwickeln, das KI-gestützt individuelles Feedback gibt und Lehrende entlastet. In den Pausen konnten Poster zu den einzelnen Arbeitspaketen betrachtet und diskutiert werden.


Tag 2: Projektarbeit im Detail – Workshops im digitalen Raum

Der zweite Veranstaltungstag fand online statt und bot den Teilnehmenden die Möglichkeit, sich in folgenden Workshops gezielt mit zentralen Themen des KNIGHT-Projekts auseinanderzusetzen:

  1. L(AI)tplanken – Ethische Aspekte von KI in der Hochschullehre: Mit Fallbeispielen wurde die im KNIGHT-Projekt entwickelte ethische Leitlinie diskutiert. Ziel war die Sensibilisierung für normative Spannungsfelder im Einsatz von KI-Systemen.
  1. Gelingensbedingungen von Learning Analytics in der Hochschule: Zwei empirische Studien zeigten, unter welchen Bedingungen Studierende Learning Analytics akzeptieren – mit Blick auf individuelle sowie institutionelle Faktoren.
  1. AVERT – Interaktive Autor*innenprüfung von Programmieraufgaben: Eine LLM-basierte Lösung zur Feststellung der Urheberschaft und zum Verständnisnachweis wurde vorgestellt und diskutiert.
  1. MOUSE und ASYST – Adaptive Übungsaufgaben und Freitextbewertung: Die Teilnehmenden erhielten Einblick in zwei Tools zur adaptiven Aufgabenwahl und automatisierten Bewertung. Eine Live-Demonstration rundete den Workshop ab.
  1. Study Dean Cockpit – KI für die Studiengangsleitung: Der Workshop zeigte die Implementierung eines Copiloten für Studiengangsleitungen und thematisierte Herausforderungen im Bereich Datenschutz und Systemintegration.
  1. Wissenschaftliches Schreiben und KI: In einem moderierten Erfahrungsaustausch wurden die Potenziale und Grenzen von KI-unterstütztem Schreiben in wissenschaftlichen Schreibseminaren thematisiert.

 

In kleinen Gruppen und Breakout-Sessions wurde ein intensiver Austausch ermöglicht, bei dem Inhalte, Tools und Ergebnisse praxisnah erfahrbar wurden. Den Abschluss bildete eine gemeinsame Diskussion, in der zentrale Erkenntnisse zusammengetragen und Perspektiven für die weitere Arbeit mit KI in der Hochschullehre diskutiert wurden. 

KNIGHT: Ein Projekt mit Weitblick

Das KNIGHT-Projekt hat seit seiner Initiierung innovative Ansätze zur Integration von KI in der Hochschullehre entwickelt und erprobt. Die Abschlusstagung zeigte eindrucksvoll, wie vielfältig und praxisnah KI in der Lehre eingesetzt werden kann – und wie wichtig der interdisziplinäre Dialog für eine verantwortungsvolle Gestaltung dieser Entwicklungen ist. Die Rückmeldungen unterstrichen das große Interesse an praxisnahen Lösungen und den Wunsch nach weiterführendem Austausch über die Zukunft von KI in der Hochschullehre. 

Ein herzlicher Dank gilt allen Referent:innen, Mitwirkenden, Teilnehmenden sowie allen Projektbeteiligten – insbesondere den Projektmitarbeitenden – für ihr Engagement, die spannenden Einblicke und den offenen, konstruktiven Austausch, der die Abschlusstagung des KNIGHT-Projekts maßgeblich bereichert hat.

Veröffentlichungsdatum: 01. August 2025