Großer Erfolg des coLLab-Teams beim »SOLAR DECATHLON EUROPE 21-22«

Das coLLab-Team der HFT Stuttgart trat mit dem Konzept für eine nachhaltige Gebäudeaufstockung beim Solar Decathlon Europe 21-22 in zehn Disziplinen gegen weitere internationale Studierendenteams an und landete auf dem achten Platz in der Gesamtwertung.

Der erste Platz ging an das Team RoofKIT aus Karlsruhe. Auf dem zweiten Platz folgt das Team VIRTUe aus Eindhoven. Den dritten Platz teilen sich die Teams AuRA aus Grenoble und SUM aus Delft. Unser Team blickt stolz auf den Bau seines Prototyps, zahlreiche Auszeichnungen und eine großartige Teamerfahrung zurück.

Seit drei Jahren arbeitete ein rund 250-köpfiges Team der HFT Stuttgart interdisziplinär und mit einer klaren Vision gemeinsam an einem Ziel: einem Konzept für eine urbane, ökologische Nachverdichtung, mit dem wir als Hochschule am Solar Decathlon Europe 21/22 in Wuppertal teilnehmen. Die Entwicklung eines innovativen Konzeptes mit großem Übertragungspotenzial und hoher Relevanz war die eine große Herausforderung, die andere war die Umsetzung einer daraus abgeleiteten Demonstrationseinheit in Form eines vollfunktionsfähigen Prototyps, der das Gesamtprojekt abbildet und erlebbar macht.

Klimagerecht – Resilient – Vernetzt
Das Vorhaben, ein hocheffizientes Gebäude zu entwerfen, das mit erneuerbaren Energien betrieben wird, einschließlich der ganzheitlichen Ansprüche des Wettbewerbs, die sich in den zehn Disziplinen zeigen, ist in hoher Deckung mit dem besonderen Profil der HFT Stuttgart: klimagerecht, resilient, vernetzt. Das zeigt das herausragende Ergebnis unserer interdisziplinären Zusammenarbeit über Fakultäts- und Studiengangsgrenzen hinweg.

Starke Teams und Unwegsamkeiten
Das HFT-Team setzt sich aus vier Bereichen zusammen: Dem Kernteam coLLab aus Studierenden verschiedener Studienrichtungen, einem Management-Team aus Forschenden und Mitarbeiter:innen der Verwaltung und Werkstätten, einem Mentorenteam aus Professor:innen sowie externen Partnern und Unterstützern. Zahlreiche Unwegsamkeiten begleiteten den langen Weg bis nach Wuppertal: Wirtschaftliche Unsicherheiten, Materialknappheit und die Pandemie waren besondere Herausforderungen.

Die Visionen des coLLab-Teams
Aus drei möglichen vorgegebenen Wettbewerbsszenarien, die reale urbane Herausforderungen im Gebäudebestand abbildeten, entschied sich das coLLab-Team für die Option der Aufstockung. Als Bestand wählten sie das Universitätsgebäude (Bau 5), ein typisches Gebäude aus den fünfziger Jahren in Beton-Skelettbauweise auf dem Campus der HFT Stuttgart, das beispielhaft für viele solche Gebäude in Europa nicht nur aufgestockt, sondern gleichzeitig auch saniert werden sollte.

In der zweigeschossigen, möglichst leichten Aufstockung soll neuer Wohnraum für Studierende, Hochschulangehörige und Nutzergruppen mit geringem Einkommen entstehen, in den unteren Geschossen sind offene Arbeitsräume, Co-Working Spaces, Gemeinschafts-Werkstätten, Seminarräume und ein Café vorgesehen. Die Vision ist eine Architektur, die Gemeinschaft fördert und ein lebendiges Stadtviertel, einen Ort des Austausches und der sozialen Interaktion entstehen lässt. Ein weiteres wichtiges Motiv ist die Nachhaltigkeit im Lebenszyklus. Das Energie- und Fassadenkonzept tragen dem Rechnung. Die Fassadenbekleidung besteht aus recyceltem Holz, organische PV (OPV)-Kollektoren an Fassade und Dach sind so installiert, dass sie den größtmöglichen Nutzen für den Innenraumkomfort beitragen. Der untere Teil der Fassade ist begrünt und ein Solarkamin unterstützt die natürliche Belüftung. Die zugrundeliegende Holzkonstruktion der Aufstockung ist durch eine Anpassung des Rasters jederzeit auf andere Bestandsgebäude übertragbar. Auch das war ein wesentlicher Aspekt bei der Planung und Umsetzung.

Erster Preis in der Disziplin „Engineering & Construction“

Der Solare Zehnkampf: in zehn Disziplinen auf dem Prüfstand
Die Wettbewerbsphase startete am 10. Juni 2022. Davor bestand die erste Herausforderung für das coLLab-Team darin, die Demonstrationseinheit, die das über einen so langen Zeitraum erarbeitete Konzept für eine Nachverdichtung ausschnittsweise verdeutlichte, in Wuppertal aufzubauen. Insgesamt waren 18 internationale Studierenden-Teams am Start. Wie beim olympischen Zehnkampf, mussten sich alle Teams in zehn Disziplinen messen lassen. Fünf der Disziplinen zielten speziell auf urbane Herausforderungen ab, ergänzt durch die fünf Kerndisziplinen des SDE – Architektur, Kommunikation, Komfort, Nachhaltigkeit und Energieperformance. Bewertet wurde sowohl das Gesamtgebäudekonzept in der Design Challenge als auch die in Wuppertal auf dem Solar Campus aufgebauten Demonstratoren in der Building Challenge. Je nach Contest erfolgte dies entweder durch Messungen oder durch eine internationale Fachjury.

Insgesamt gab es im Laufe des Wettbewerbs sieben Abgaben, über die der Projektfortschritt  und die vorgegebenen Aufgaben dokumentiert wurden. Diese flossen in die Gesamtbewertung ein. Das Team, das am Ende die höchste Gesamtpunktzahl erzielt, gewinnt in der Gesamtwertung.

Kein Wunder, dass das coLLab-Team und alle Hochschulmitglieder den Rankings und den Preisvergaben entgegenfieberten und jedes Mal voller Spannung auf die Verkündung der Einzelergebnisse warteten. Das Daumendrücken hat sich gelohnt, das coLLab-Team erzielte viele wertvolle Auszeichnungen.

Erster Preis in der Disziplin „Engineering & Construction“
In dieser Disziplin lag das Augenmerk auf der Planung und der Umsetzung der technischen und bauphysikalischen Konzepte. Bewertet wurden die qualitative architektonische Integration und die Verhältnismäßigkeit der Konzepte in Hinblick auf einen klimaneutralen Gebäudebetrieb.

Vierter Preis in der Disziplin Kommunikation & Bildung (CESA)
CESA steht für Communication, Education & Social Awareness, also Kommunikation, Bildung und soziales Bewusstsein. In dieser Disziplin ging es darum, eine Kommunikationsstrategie zu entwickeln, die das Projekt selbst, den Solar Decathlon-Wettbewerb und die Herausforderungen der urbanen Energiewende thematisiert. Dabei sollen möglichst unterschiedliche Zielgruppen durch verschiedene Medien und Veranstaltungen adressiert und eingebunden werden. Ein Alleinstellungsmerkmal des coLLab-Teams war, drei der Module des Prototypen als Ausstellungsbereich zu nutzen, um die Besucher:innen über das Projekt und die Herausforderungen unserer Zeit zu informieren.

Out of Competition-Awards

Weitere Gewinne erzielte das Team bei den „Out of Competition-Awards“: Sie rücken herausragende Leistungen und themenspezifische Lösungen für verschiedene Zukunftstrends in den Fokus. Sie wurden von Institutionen und Verbänden vergeben, die damit den Wissenstransfer zwischen Forschung und Anwendung unterstützen. Bei den Out-of-Competition-Awards wurden das coLLab-Team mit folgenden Preisen ausgezeichnet:

Zweiter Platz beim Timber Construction Award
Begründung vom Informationsdienst Holz: „Neue Wohnformen in Kombination mit der Offsite-Produktion waren das Hauptaugenmerk des Teams. Die Skalierbarkeit des Entwurfs zeigt einen überzeugenden Weg in die Zukunft des leichten Ausbaus und der Sanierung in Holz. Der architektonische Ausdruck und die Tragwerksplanung harmonieren nahtlos und zeigen die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Studierenden.“

Zweiter Platz beim Indoor Air Quality Award
Begründung des Fachverband Gebäude-Klima e.V.: „Durch ein sehr mutiges Lüftungskonzept mit einem Abluftkamin, der im Winter als vorheizender Zuluftschacht verwendet werden kann, zeichnet sich der Beitrag des Teams coLLab aus. Eine adiabate Verdunstungskühlung ist architektonisch in das Konzept integriert über eine Rieselfilm-Applikation im Nachströmbereich. Durch ein gut durchdachtes Mehrgrößen-Regelkonzept konnte der Betrieb des Systems unter unterschiedlichen Betriebsbedingungen nachvollziehbar erläutert werden. Mögliche Komforteinschränkungen sowie Brandschutzfragen müssen nach Auffassung der Jury noch geklärt werden.“

Dritter Platz beim Building for Future Award
Die Begründung der Kreishandwerkschaft Solingen-Wuppertal & Handwerkskammer Düsseldorf: „Die Kreishandwerkschaft Solingen-Wuppertal & Handwerkskammer Düsseldorf vergeben diesen Platz für herausragende handwerkliche Leistung. Bewertet wurden im Fachpublikums-Voting die Innovation, Ideen, Ausführungsdetails und die Materialauswahl und -kombination aus handwerklicher Perspektive.“

Dritter Platz beim Applied Mobility Sciences Award
Der Applied Mobility Sciences Award wurde der von der Europäischen Plattform der Verkehrswissenschaften (European Platform of Transport Sciences – EPTS Foundation e.V.) vergeben.

Sustainable Architectural Lighting Award und Human Centered Interior Architecture Award
Zweiter Platz beim Sustainable Architectural Lighting Award, der von der Deutsche Lichttechnische Gesellschaft e.V. vergeben wurde sowie dritter Platz beim Human Centered Interior Architecture Award, ausgeschrieben vom Bund Deutscher Innenarchitekten. Beide Preise wurden zusammen verliehen.

People's Choice Award
Per Abstimmung wurde das beim Publikum beliebteste Haus gewählt. Das coLLab-Haus kam dabei auf den dritten Platz.

„Das sehr gelungene und positive Projekt unserer Hochschule wird, wie auch schon unser Erfolg im Solar Decathlon Europe 2010, unsere Hochschule nachhaltig prägen: Die äußerst konstruktive Zusammenarbeit großer Teile unserer Hochschule wird Lehre und Forschung weiter inspirieren und prägenden Einfluss nehmen. Gerade für die Lehre ist nichts so wertvoll und überzeugend wie ein herausragendes funktionierendes und gut gestaltetes Projekt! Das Team hat wirklich Großartiges geleistet!“

Prof. Dr.-Ing. Jan Cremers

„coLLab“ steht für kooperative und seit Wuppertal auch für erfolgreiche Zusammenarbeit!
Eine großartige Leistung mit zahlreichen Etappen und Herausforderungen liegt hinter allen, die sich für die Teilnahme der HFT Stuttgart am Solar Decathlon 21/22 stark gemacht, sich dafür eingesetzt und letztendlich das Konzept in die Realität umgesetzt haben.

Von der Konzeptentwicklung, Bestandsanalyse, Überprüfung des Tragwerks, Studien zum Energiekonzept, Gebäudesimulationen zu Belichtung, Modellabgaben beim Auslober des Wettbewerbs, Gewinnung von Sponsoren, Entwickeln von Prototypen in der Werkstatt, Entwickeln eines Kommunikations-Konzepts und vielem mehr, war es ein langer Prozess. Diesen konnte das coLLab-Team nur durch unermüdlichen Einsatz, Improvisation, das Einbringen von Know-how von vielen Seiten, Durchhaltevermögen, Willensstärke und letztlich – ganz im Sinne des Namens „coLLab“ – zu einem erfolgreichen Abschluss bringen, denn: coLLab steht für „collaboration“, also kooperative Zusammenarbeit!

„Wir sind sehr stolz nach drei Jahren endlich unsere Ideen und Konzepte hier in Wuppertal umgesetzt zu sehen und präsentieren zu können. Alle Beteiligten können sich in dem Beitrag wiederfinden und haben in diesem Projekt tolle Erfahrungen gesammelt, die unbezahlbar sind und für immer im Gedächtnis bleiben werden.“

Annabell Gronau, Projektmanagement/Öffentlichkeitsarbeit

Die Hochschule für Technik Stuttgart ist sehr stolz auf das, was das coLLab-Team erreicht hat und gratuliert im Namen aller Hochschulmitglieder zu dieser tollen, erfolgreichen Leistung!

Veröffentlichungsdatum: 24. Juni 2022 Von Cornelia Jänicke ()